Faktencheck
In den letzten Jahren hat das Interesse an den Bienen enorm zugenommen. Es wird denn auch entsprechend viel geschrieben und zahlreiche Organisationen wollen sich für die Bienen, seien es Honig- oder Wildbienen, einsetzen. Nicht alles jedoch, was publiziert wird, ist auch wissenschaftlich korrekt. Nicht alle, welche sich engagieren, haben eine gesamtheitliche Sichtweise.
Diverse Mythen und Missverständnisse machen zurzeit die Runde. Dabei sind gewisse Aussagen und Behauptungen nicht komplett falsch, werden jedoch leider zu oft in den falschen oder gar keinen Kontext gesetzt. Auf dieser Seite finden Sie die Stellungnahme von BienenSchweiz zu einzelnen solcher Missverständnisse. Korrekte Informationen sind ein erster Schritt zum erfolgreichen Bienenschutz.
Handystrahlung ist für das Bienensterben verantwortlich
Studien über die Langzeitfolgen von elektromagnetischen RF-Feldern wurden unterschiedlich durchgeführt. Gemäss aktuellem Wissensstand kann eine Schädigung nicht ausgeschlossen werden. Allerdings fehlen noch solide, reproduzierbare und grossangelegte Studien darüber. Zum 5G-Netz liegen bis heute noch zu wenig Daten vor, sie werden zurzeit erarbeitet.
Mit Bienenhotels kann dem Bienensterben Einhalt geboten werden
Rund 45% der heimischen Wildbienen befinden sich auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Dabei sind die Mehrzahl dieser gefährdeten Wildbienen bodenbrütende Insekten und können für ihr Brutgeschäft nichts mit Hohlräumen wie ausgehöhlten Bambus-Stängeln oder dergleichen anfangen. Tatsächlich fördern viele im Handel erhältliche Bienenhotels Arten, die nicht bedroht sind. Viele seltene Arten brauchen aber andere Nistplätze und die Durchmesser der Hohlräume von Bienenhotels dienen den gefährdeten Wildbienen nicht. Offene, besonnte und trockene Bodenabschnitte leisten einen wesentlich grösseren Beitrag für den Wildbienenschutz. Zudem kann man in seinem eigenen Garten mit passenden Pflanzen das Nahrungsangebot für alle Bestäuberinsekten diversifizieren.
Honig ist eigentlich nichts anderes als Zucker
Der grösste Anteil im Honig setzt sich tatsächlich aus Zuckerarten zusammen, vor allem Frucht- und Traubenzucker, welche aus dem Nektar der Blütenpflanzen oder dem Honigtau von pflanzensaugenden Insekten stammen. Nebst dem Zucker enthält Honig auch Wasser, viele Vitamine, Aminosäuren, Antioxidantien, Spurenelemente und wertvolle Enzyme. Honig unterscheidet sich also definitiv von handelsüblichem Zucker.
Schweizer Honig ist gar kein Naturprodukt, wie immer angenommen wurde
Bienenhonig wird durch die Honigbienen produziert und unverfälscht von den Imkerinnen und Imkern gewonnen und abgefüllt. Schweizer Honig ist deshalb ein äusserst wertvolles Naturprodukt, welches auch für den Menschen einzigartige Wirkungen aufweist. Das «Goldsiegel» ist das Qualitätslabel der Schweizer Imkerverbände und garantiert die Produktion von Honig nach guter imkerlicher Praxis.
Wildbienen sind die effizienteren Bestäuberinsekten als Honigbiene
Die Bestäubung der Pflanzen ist eine Leistung, welche nicht nur eine Insektenart für sich in Anspruch nehmen kann. Das Zusammenspiel aller Bestäuber ist entscheidend. Wild- und Honigbienen haben ihre typischen Stärken in der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Untersuchungen haben gezeigt, dass gewisse Wildbienenarten mehr Blüten pro Zeiteinheit bestäuben als Honigbienen. Es gilt dabei zu berücksichtigen, dass die Bestäuberleistung auf Stufe des Individuums betrachtet wird. Die meisten Wildbienenarten sind Solitärinsekten und bilden keinen Insektenstaat. Wildbienen haben zudem die Fähigkeit, gewisse Blütenstrukturen zu bestäuben, welche die Honigbienen nicht bestäuben können. Die Honigbienen sind aber durch die Volksgrösse und die Kommunikation im Stock den Wildbienen zahlenmässig überlegen und können grosse Flächen sehr effizient bestäuben. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass das Bestäubungsergebnis (die Qualität der Bestäubung) besser ist, wenn sowohl Wild- als auch Honigbienen sowie weitere Bestäuberinsekten, wie Schwebfliegen, Käfer und Schmetterlinge die Pflanzen gemeinsam bestäuben.
Die Bienendichte in der Schweiz ist zu hoch
Wild- und Honigbienen sind auf ein vielfältiges Nahrungsangebot angewiesen. Dort, wo es zu wenig verschiedene Pflanzen hat, die für ein ständiges Angebot an Pollen oder Nektar sorgen, mag die Bienendichte eine Rolle spielen. Eine gewisse Nahrungskonkurrenz kann in solchen Gebieten nicht ausgeschlossen werden. BienenSchweiz nimmt die Frage der Honigbienendichte ernst und ist auch daran, zusammen mit Fachleuten diesbezüglich mehr Klarheit zu schaffen. Allerdings sollte man deswegen nicht gleich eine Konkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen heraufbeschwören. Ein aktueller Review-Artikel, welcher weltweit publizierte Studien mit der gesamten Komplexität beurteilt, finden Sie hier. Wildbienen sind nicht wegen der Existenz von Honigbienen gefährdet, sondern weil es an Nistmöglichkeiten mangelt und weil ihre bevorzugten Pflanzenarten verschwunden sind. In Bezug auf die Seuchenbekämpfung, respektive des Varroadrucks, besteht seitens BienenSchweiz ein Interesse, dass die Bienendichte nicht zu gross ist. Fakt ist, dass niemand extra Honigbienen anschaffen sollte, um dem Bienensterben entgegenzuwirken. Insbesondere macht es keinen Sinn, wenn ohne fundiertes Grundwissen über Honigbienen ein Kasten oder eine Baumattrappe für Honigbienen im Garten aufgestellt wird. Als Nichtimker/-in können Sie sich wirkungsvoll für Bienen engagieren, indem Sie sich für eine Verbesserung des Blütenangebotes und der Nistgelegenheiten für Wildbienen einsetzen. Tipps wie Sie ihren eigenen Garten oder Balkon bienenfreundlich gestalten können, finden Sie hier.
Die Imkerschaft betreibt eine nicht artgerechte Massentierhaltung
Die Imkerinnen und Imker sind primär am Wohl der Bienen interessiert und achten auf eine artgerechte Haltung. Sie üben ihr Hobby im Einklang mit der Natur aus, ansonsten macht die Imkerei wenig Sinn. Unter der Imkerschaft ist bekannt, dass es nicht artgerecht und naturgemäss ist, wenn zu viele Völker am selben Standort stehen. Ausserdem wird nur der Überschuss an Honig geerntet und der Rest wird dem Bienenvolk als Nahrung gelassen.
Die Honigbienen sind heute domestiziert und selber nicht überlebensfähig
Die Honigbiene ist in der Schweiz schon lange heimisch. Sie ist ein wildes Insekt, welches sich nicht domestizieren lässt. Fakt ist, dass durch die Einschleppung der Varroa-Milbe in den Achtzigerjahren die westliche Honigbiene weltweit durch diesen Parasiten geschwächt, respektive durch die von der Varroa-Milbe übertragenen Krankheiten getötet wird. In der aktuellen Situation ist die Honigbiene ohne die imkerliche Pflege tatsächlich in den meisten Fällen nicht überlebensfähig. So finden sich heute nur sehr wenige Honigbienenvölker ohne imkerliche Obhut. Das hat aber nichts mit einer Domestizierung zu tun. Es laufen derzeit wissenschaftlich begleitete Versuche, um herauszufinden, ob die Honigbiene mit einer Reduktion der imkerlichen Interventionen überlebensfähig ist.
Die Bienen sind vom Aussterben bedroht
Die Honigbiene ist im Gegensatz zu vielen Wildbienen-Arten nicht vom Aussterben bedroht. Die Anzahl der Honigbienenvölker ist in der Schweiz stabil oder hat regional sogar zugenommen. Allerdings leiden auch die Honigbienen an der abnehmenden Biodiversität und unter dem Einsatz von Pestiziden. Viele Wildbienenarten sind hingegen akut bedroht. Neben dem mangelnden Blütenangbot und der Pestizidbelastung fehlt es an Nistgelegenheiten, welche für die Vermehrung und den Fortbestand dieser wichtigen Bestäuber entscheidend sind.