Jeder Balkon, sei er noch so klein, kann dazu beitragen, das Angebot an Nahrung und Nistgelegenheiten für unsere Bienen zu verbessern. Am besten setzen wir hier auf einen vielfältigen Rundumservice: Einheimische Wildstauden, Küchenkräuter und Zierblumen mit ungefüllten Blüten bieten ein sättigendes Nahrungsbuffet, während abgestorbene Pflanzenstängel und Totholz als Brutstätte und Überwinterungsort genutzt werden.
Vielfältige Blütenpracht
Damit sich die summenden Gäste wohl fühlen, lohnen sich einheimische Wildblumen. Doch welche Pflanzen passen nun auf meinen Bienenbalkon? Die Liste geeigneter Arten ist lang, wodurch man schnell den Überblick verliert. Eine erste Hilfe bietet hier das online Tool von Regioflora. Es erlaubt Ihnen, verschiedene Angaben über den Standort (schattig, sonnig, trocken, feucht) oder die Verwendung (zum Beispiel Topfgrösse) einzugeben. Durch die Eingabe der Postleitzahl erhalten Sie dann eine Liste mit Pflanzen, die optimal auf Ihren Standort angepasst sind und somit den dortigen Insekten einen grossen Mehrwert bieten. Und schon sind die ersten Grundlagen für einen wilden Bienenbalkon geschaffen!
Ein Muss: Glockenblumen!
Ein Vorteil einheimischer Wildpflanzen ist auch, dass wir gezielt einzelne, spezialisierte Wildbienenarten unterstützen können. So sind in der Schweiz zum Beispiel sechs Wildbienenarten auf Glockenblumen spezialisiert. Das heisst, dass diese Wildbienen, wie zum Beispiel die Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma rapunculi), für ihren Nachwuchs nur Pollen von dieser Pflanze sammeln. Von den rund 30 einheimischen Glockenblume wird sicher auch eine für Ihren Balkon dabei sein! Sehr pflegeleicht sind zum Beispiel die Pfirsichblättrigen Glockenblume, die Nesselblättrige Glockenblume (optimal für schattigere Standorte) und die Rundblättrige Glockenblume. Letztere ist eine wahre Dauerblüherin und fühlt sich sowohl in der Sonne als auch im Halbschatten wohl. Glockenblumen können aber mehr als nur Nahrung liefern! Die Blüten bieten den Wildbienen auch einen geschützten Schlafplatz, der manchmal sogar von mehreren Individuen gleichzeitig genutzt wird. Mit Glockenblumen ist ihr Balkon also bei Tag und Nacht ein Renner.
Kennen Sie die Grosse Wollbiene? Sie lässt sich mit der Echten Betonie oder verschiedenen Ziest-Arten auf ihren Balkon locken. Rund um die Pflanze besetzt eine männliche Wollbiene ein kleines Revier und kontrolliert dieses, um dort auf Weibchen zu warten. Eindringlinge, wie zum Beispiel andere Bienenarten, werden schonungslos attackiert und vertrieben. Das territoriale Macho-Verhalten hat einen gewissen Unterhaltungswert, den Sie sich nicht entgehen lassen wollen!
Blumenwiese im Topf
Mit weiteren Wildblumen wie Wiesen-Salbei, Wiesen-Margeriten, Schafgarben, Flockenblumen, Wilde Möhren, Witwenblumen, Saat-Esparsetten oder Hornklee verleihen Sie ihrem sonnigen bis halbschattigen Balkon ein Blumenwiesen-Flair. Sie können die Blumen noch mit Gräsern, wie zum Beispiel dem Duftenden Ruchgras, kombinieren, um den Wiesen-Look zu vervollständigen. Übrigens: Die «Balkon-Wiese» lässt sich wie eine natürliche Wiese «mähen». Greifen Sie dafür im Juni beherzt zur Schere und kürzen Sie die Pflanzen bis auf eine Handbreite. Der Eingriff mag drastisch wirken, doch schon im Spätsommer zieht eine zweite Blüte wieder Bienen, Schmetterlinge und Co. an.
Nährstoffarme Erde
Für viele Wildblumen sind die herkömmlichen Blumenerden zu nährstoffreich. Es lohnt sich deshalb, vor der Pflanzung die Erde mit etwas Sand auszumagern. Auch mit Dünger sollte Sie sehr sparsam umgehen. Im ersten Jahr brauchen die Pflanzen noch keine Düngegaben. Im zweiten Jahr können sie im Frühling mit etwas Kompost oder einem organischen Dünger (max. die Hälfte der empfohlenen Menge für Zierpflanzen) den Nährstoffgehalt erhöhen. Achten Sie beim Eintopfen auch auf eine ausreichende Drainage, um Staunässe zu vermeiden. Beim Giessen im Sommer sind die kühleren Morgen- oder Abendstunden zu bevorzugen. Giessen Sie so lange, bis das Wasser aus dem Gefäss in den Untersetzer reinfliesst. Auch im Winter freuen sich die Pflanzen ab und zu bei Frostfreiheit über eine Wassergabe.
Kräuter für Bienen und Mensch
Frischer Schnittlauch für die Salatsauce oder Rosmarin für die Ofenkartoffeln: Küchenkräuter dürfen auf keinem Balkon fehlen! Praktisch, dass die meisten Kräuter nicht nur unser Nahrungsbüffet bereichern, sondern auch das der Bienen. Rosmarin blüht bereits früh im Jahr und liefert viel Nektar. Auch Thymian, Katzenminze, Borretsch, Koriander, Lavendel, Wilder Majoran oder Kapuzinerkresse liefern reichlich Nahrung und gedeihen besonders gut auf einem sonnigen Balkon.
Apropos Küche: Vielleicht lassen sie auch einmal das eine oder andere Gemüse, das sie auf dem Balkon angepflanzt haben, bis zur Blüte stehen? Blühen Zwiebeln, Lauch, Blumenkohl, Fenchel, Kopfsalat oder Broccoli werden sie innert kürzester Zeit von Insekten angeflogen.
Zierblumen? Ja, aber bitte ungefüllt!
Auch wenn einheimische Wildblumen viele Vorteile für die Insektenwelt bringen, so müssen wir auf unserem Balkon aber trotzdem nicht komplett auf unsere geliebten Zierblumen verzichten. Klassische Gartenblumen wie Ringelblumen, Rosen, Dahlien oder der Rote Sonnenhut ziehen in ihrer einfachen Form mit ungefüllter Blüte reichlich Insekten an und bereichern die Vielfalt auf dem Balkon. Blumen mit gefüllten Blüten wurden so gezüchtet, dass sich die Staubblätter (dort wo der Pollen erzeugt wird) zu normalen Blütenblättern entwickelt haben. Zusätzlich sind auch die Nektarien zum Teil zurückgebildet. Die Blüten, so schön und prunkvoll sie auch sein mögen, sind daher für Bienen und andere Bestäuber wertlos.
Nistgelegenheiten schaffen
Kein Bienenbalkon ohne Wildbienenhotel? Tatsächlich besiedelt nur ein Bruchteil der Wildbienenarten die Röhrchen, die man in den handelsüblichen Bienenhotels findet. Auf dem Balkon können sie deshalb das Logie-Angebot noch mit Totholz und abgestorbenen Pflanzenstängeln erweitern. Dazu können Sie zum Beispiel aus Königskerzen-, Brombeer- Wildrosen- oder Distelstängeln eine Wildbienenrakete basteln. Formen Sie die geschnittenen Stängel (zwischen vier bis sechs Stück) zu einem Bündel und befestigen Sie diese senkrecht an einem Zaun oder Stock.
Und übrigens, wenn nun Geranien oder Petunien Ihre absoluten Lieblingsblumen sind, dann dürfen diese selbstverständlich auch einen Platz auf Ihrem Balkon haben. Es ist schliesslich die Vielfalt, die zum Erfolg führt und die Bienen – aber auch sie selbst -glücklich macht. Mit dem grossen Blütenangebot, den Nistplätzen und wenigen, aber gezielten Eingriffen verwandelt sich Ihr Balkon zu einem Viersterne Bienen-Resort. Freuen Sie sich auf die vielen summenden Gäste, die ihr all-inclusive Angebot dankbar annehmen.
Sie wollen mehr darüber erfahren?
Newsletter
Sie wollen jeden Monat Tipps und Tricks erhalten, wie Sie ihren Garten Bienenfreundlich gestalten können? Dann melden Sie sich für unseren Newsletter an: